Endlich Wachstum – Bildungsmaterial
Soziale Ungleichheiten, die Klimakrise und andere sich verschärfende Krisen machen diese Zeiten sehr herausfordernd – vor allem für Lehrpersonen und Bildungsreferent*innen. Mit unserer Methodenplattform möchten wir euch Tools und Ideen mit an die Hand geben, um die Komplexität unserer Welt in Lernräumen zu erkunden und Hoffnungslosigkeit und Ohnmachtsgefühlen etwas entgegenzusetzen! Unsere Methoden unterstützen insbesondere Menschen ab 15 Jahren dabei, globale, gesellschaftliche, politische, ökonomische und sozial-ökologische Zusammenhänge besser zu verstehen. Sie verhelfen zu kritischer Analyse, eigener Meinungsbildung und zeigen Handlungsperspektiven auf, ganz im Sinne einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). Der Fokus der Methoden legt einen großen Wert auf eine machtkritische Haltung, baut auf dem Konzept der transformativen Bildung auf und bezieht Kopf, Herz und Hand mit ein.
Unser Bildungsverständnis
Mit unserer Bildungsarbeit möchten wir Lernräume öffnen, die durch die verschiedenen Perspektiven, Erfahrungen, Emotionen, Gedanken und Wünsche der Teilnehmenden gefüllt werden. So möchten wir Menschen dabei unterstützen, gemeinsam Antworten auf drängende Fragen zu finden. Dabei ist uns wichtig, einen offenen, empathischen und machtkritischen Umgang miteinander zu pflegen. Damit meinen wir: Machthierarchien wahrnehmen, sichtbar machen und abbauen.
Gemeinsam mit den Teilnehmenden unserer Veranstaltungen begeben wir uns auf die Suche nach den Bausteinen für eine andere Wirtschaft, den Gründen für soziale Ungerechtigkeit und ökologische Krisen. Wir hinterfragen gängige Annahmen und diskutieren, was ein Gutes Leben ausmacht. Wir lernen erprobte Alternativen kennen und schaffen Lernräume, um sozial-ökologisches Wirtschaften direkt erfahrbar zu machen. Dabei gilt: Einfache Antworten gibt es nicht. Die Probleme, mit denen wir es zu tun haben, sind komplex, und ebenso komplex sind die Lösungen, die es braucht. Wir verstehen die sozial-ökologische Transformation als einen offenen Prozess. Dafür wollen wir Menschen in ihrer Selbstwirksamkeit, Achtsamkeit und Solidarität bestärken.
Unsere Methoden der transformativen Bildung beinhalten das Lernen mit Kopf, Herz und Hand. Das bedeutet, dass unsere Methoden über eine Vermittlung von Wissen hinausgehen, die eigene Eingebundenheit in globale Machtverhältnisse thematisieren und auch die Gefühlsebene ansprechen. Gemeinsam untersuchen wir unser Wirtschaftssystem, die Gründe für soziale Ungerechtigkeit und ökologische Krisen. Wir recherchieren, reflektieren und diskutieren, hören einander und unseren Körpern zu, teilen unsere Sorgen, werden selbst tätig und gestalten Gesellschaft aktiv mit.
Warum „Endlich Wachstum“?
Wirtschaftswachstum bleibt immer noch häufig unhinterfragt; viele seufzen noch immer erleichtert: „Endlich Wachstum!“. Ob grün oder nicht – Wachstum muss endlich sein, wenn die planetaren Grenzen in unserem Wirtschaftssystem Berücksichtigung finden sollen. Dinge wie der aktuelle Verbrauch an Ressourcen, die sich zuspitzende Klimakrise und der Biodiversitätsverlust machen uns deutlicher denn je: Ein Weiter wie bisher ist nicht möglich! Damit hängt auch eine Verschärfung sozialer Ungleichheit zusammen: Die Mehrheit der Menschen, viele davon im Globalen Süden, leiden unter dem Lebensstil des Globalen Nordens, der nur durch Wirtschaftswachstum und damit einhergehender Ausbeutung aufrechterhalten wird. Ein Gutes Leben für alle verlangt also genauso nach einer Hinterfragung und Veränderung des aktuell vorherrschenden Wirtschaftssystems.
Zur Entstehung des Methodensets
Endlich Wachstum wurde als Gemeinschaftsprojekt von dem Konzeptwerk Neue Ökonomie e.V. (Leipzig) und FairBindung e.V. (Berlin) gestartet. Die Kooperation begann mit der Arbeit am ersten Heft „Endlich Wachstum!“ im Jahr 2012. Seit 2018 wird die Arbeit an der Plattform und die Weiterentwicklung der Methoden vom Konzeptwerk allein weiterbetrieben. Alle Methoden haben wir getestet, wir haben uns Feedback eingeholt und dieses eingearbeitet. Dabei möchten wir vor allem eine machtkritische Perspektive stärken, die globale Gerechtigkeit als Querschnittthema in den Mittelpunkt rückt. Die Weiterentwicklung unserer Methoden ist ein stetiger Prozess, der eng mit unserem individuellen und kollektiven Lernprozess verbunden ist.
Ziele des Methodensets
Wir möchten mit den Methoden in diesem Heft die Privilegien des Globalen Nordens in den Blick nehmen und das dort vorherrschende Wohlstandsmodell hinterfragen. Dabei ist es uns besonders wichtig, marginalisierten Perspektiven Raum zu geben, Reflexionsräume zu stärken und Handlungsspielräume zu erweitern. In was für einer Welt wollen wir leben? Wie können wir ein Gutes Leben für alle erreichen? Ist dies mit dem bestehenden Wachstumsmodell möglich? Welche Alternativen innerhalb und jenseits dieses Systems gibt es bereits?
Unsere eigene Positionierung
In dieser Methodensammlung versuchen wir, eine wachstums- und machtkritische Perspektive auf die Klimakrise und globale Gerechtigkeit zu stärken und marginalisierte Perspektiven sichtbarer zu machen. Hierbei ist uns die Transparenz unserer eigenen Positionierung wichtig: Wir sind ein Team von sieben Menschen, die unterschiedliche Erfahrungen in der Methodenentwicklung und in der praktischen Bildungsarbeit haben. Wir haben unterschiedliche Positionierungen im Hinblick auf gesellschaftliche Machtpositionen, etwa Gender, Herkunft, Sprache, Race, Class, Bildungsweg und mehr.
Zielgruppen
Diese Methodensammlung richtet sich an alle, die in einem pädagogischen Kontext mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen arbeiten. Die Methoden eignen sich insbesondere für Menschen im Alter von 15 bis 30 Jahren, für die Arbeit mit Schüler*innen ab Klasse 10, Auszubildenden und Berufsschüler*innen, Menschen, die ein Freiwilligenjahr im In- oder Ausland absolvieren (z. B. FÖJ, FSJ, FKJ, Bundesfreiwilligendienst, europäischer Freiwilligendienst, Weltwärts-Dienste, Jugendgruppen und Studierende).